Der Fahrradreifen

Der Reifen gehört zu den Bauteilen am Fahrrad, die das Fahrverhalten am Nachhaltigsten beeinflussen – der Reifen macht das Fahrrad – und bei Versagen das größtmögliche Ärgernis darstellen.

Hier eine kleine Aufstellung der Ursachen für einen „Platten“:

  1. Scherben, Nägel, etc


Löcher im Schlauch werden verursacht durch Glasscherben, Nägel, Dornen, scharfkantiges Streugut im Winter etc und lassen sich bis zu einem gewissen Grad durch gute, durchstichsichere Reifen verhindern.
Wenn’s aber doch passiert: Schlauch flicken oder erneuern und – wichtig – den Reifen nach dem Verursacher des Lochs absuchen. Wenn der nicht entfernt wird droht sonst gleich die nächste Panne.

 

 

 

  1. Das Felgenband     

Ist das Loch im Schlauch innen, also felgenseitig, zu finden, liegt es oft am Felgenband. Es kann verrutscht sein und die Bohrungen in der Felge freilegen, der Schlauch wird in die Bohrung gedrückt und geht kaputt. Es kann zu schmal oder zu scharfkantig sein und den Schlauch zerschneiden. Geklebtes Felgenband rollt sich bei einer ungünstigen Felgenform manchmal ein und der Schlauch rubbelt an der Klebefläche durch.
In allen diesen Fällen sollte es durch ein hochwertiges Felgenband zB von Schwalbe oder Jantex ersetzt werden.

 

 

  1. Snakebite

Übersetzt „Schlangenbiss“. Man erkennt ihn an zwei länglichen, gegenüberliegenden Löchern im Schlauch. Ursache ist oft ein zu geringer Reifendruck in Kombination mit ruppigem Fahrstil: der Schlauch wird zwischen Felgenhorn und zB der Bordsteinkante geklemmt und regelrecht durchgestanzt. Ein Flicken des Schlauches empfiehlt sich nicht, es ist besser, einen neuen einzuziehen (und gut aufzupumpen).

 

 

  1. Zu geringer Reifendruck

Bei breiterer Bereifung kommt es auch bei zu wenig Reifendruck selten zum Snakebite, dafür wird aber das Gewebe des Reifen durch beständiges Walken zerstört. Der Schlauch wird regelrecht „durchradiert“ und hält die Luft nicht mehr. Erkennen lässt sich dies durch ein regelmäßiges Muster auf dem Schlauch, das die Struktur der Reifenkarkasse abbildet.
Wenn sehr lange mit zu wenig Luft gefahren wurde, muss neben dem Schlauch auch der Reifen mit gewechselt werden, weil seine Karkasse zerstört ist. Besonders gefährdet sind hier extra pannensichere Reifen, weil ihnen das Walken am meisten schadet.

 

 

  1. Pannenschutzband

Ein durchstichsicheres Kunststoffband, das zwischen Schlauch und Mantel eingelegt wird, soll Pannen verhindern, ist aber oft genug Ursache einer solchen. Besonders bei niedrigem Reifendruck rutscht es im Reifen herum und rubbelt den Schlauch kaputt. Zu erkennen ist dieser Defekt an Gummikrümeln im Reifen. Zuweilen wird der Schlauch auch durch die relativ scharfkantigen Ränder des Bandes zerschnitten. Unser Tipp: Finger weg.

 

 

  1. Ein verschlissener Reifen

Wenn der Reifen irgendwo ein größeres Loch hat, die Reifenflanken aufgerissen sind oder Ähnliches, wird der Schlauch an dieser Stelle platzen. Besser ist es, verschlissene Reifen beizeiten zu erneuern.

 

 

  1. Eine durchgebremste Felge

Die Felgenflanke wird durch die Bremsklötze abgeschliffen und dadurch immer dünner. Wenn die Wandstärke eine gewisse Dicke unterschreitet, kann die Felge dem Luftdruck des Reifens nicht mehr standhalten und bricht. Der Reifen springt ab und der Schlauch platzt mit einem lauten Knall. Deshalb: Felgen regelmäßig kontrollieren (lassen).

 

 

  1. Falsche Montage


Wird bei der Montage der Schlauch eingeklemmt oder mit den Reifenhebern gequetscht, war die Arbeit umsonst. Auch wenn der Schlauch mit Falten eingelegt wird, zB weil das Maß nicht stimmt, kommt es nach einer Weile zum Luftverlust, weil der Schlauch an der geknickten Stelle Löcher bekommt. Wichtiger Tipp: den neuen Schlauch immer mit etwas Luft gefüllt einlegen, um Faltenbildung zu vermeiden. Auch etwas Talkum hilft dem Schlauch, sich richtig zu positionieren.

 

 

 

  1. Ein defektes Ventil

Ventile gehen sehr, sehr selten kaputt.
Trotzdem können sie manchmal die Ursache für einen „Schleicher“ sein, also für langsamen Luftverlust über längere Zeit (Tage, nicht Wochen!).
– Sclaverandventile: wenn sie verbogen sind, schließt die Dichtung eventuell nicht mehr richtig. Lösung: Ventil auswechseln.
– Dunlop- und Schraderventile: wenn kein Käppchen montiert war, können durchs Aufpumpen kleine Schmutzpartikel ins Innere des Ventils geraten und dort ein dichtes Schließen verhindern. Lösung: immer wieder aufpumpen bis sich hoffentlich irgendwann die Krümel in den Schlauch verziehen.
Auch können manchmal bei Sclaverand- oder Schraderventilen die Ventileinsätze nicht fest genug eingeschraubt sein. Daher ist es sinnvoll, immer einen passenden Ventilschlüssel sowie Ersatzventile im Reisegepäck zu haben.

 

 

  1. Der Nachbar

Wir wundern uns immer über das Ausmaß an Niedertracht, das die Menschen sich gegenseitig zutrauen. Aber auch hier gilt: der böse Nachbar war’s meistens nicht. In der Regel ist eine der oben beschriebenen „natürlichen Ursachen“ schuld.

 

Zu guter Letzt:
auch ein sehr guter Butylschlauch hält den Druck nicht ewig, es ist völlig normal, dass man alle vier Wochen nachpumpen muss. Der für den jeweiligen Reifen zulässige Mindest- und Höchstdruck ist immer auf der Reifenflanke aufgeprägt (so wie auch die Abmessungen). Pumpen mit Manometer sind in dem Zusammenhang sehr empfehlenswert.

Grundsätzlich gilt: je breiter der Reifen, desto geringer darf der Druck sein. Und geringerer Druck heißt nicht automatisch schwererer Lauf. Warum das so ist, erklärt Jan Heine sehr schön in seinem neuen Buch „Ein Rad für alles“. Die deutsche Übersetzung ist im Covadonga-Verlag erschienen.

 

Vor unserem Laden stehen täglich ab 9:00 Uhr Standpumpen zur allgemeinen Benutzung bereit. Es sind immer Pumpenköpfe für alle Ventilarten dabei als da wären:

Dunlop- / Blitzventil 

Sclaverand- / französisches Ventil

 

Schrader- / Autoventil 

 

Wer nicht sicher ist wie es geht: bitte VORHER die ebenfalls am Parkständer angebrachte Anleitung durchlesen (viele Bilder, wenig Text).
Die Frequenz, mit der wir die durch Fehlbenutzung zerstörten Pumpenköpfe auswechseln müssen, hat sich mittlerweile leider auf ein mit unserer guten Laune unverträgliches Maß erhöht.

 

Sehr viele Informationen, Montagetipps und mehr zum Thema Gummi gibt es auf den Seiten der bei uns vertretenen Reifenherstellern Schwalbe und Continental.

Mehr von uns zum immer verwirrender werdenden Thema Reifendimension demnächst an dieser Stelle.

 

Hier zunächst einmal ein historischer Text, gefunden in  „Fahrradkultur 1, der Höhepunkt um 1900″, erschienen bei Rowohlt, Hrsg: Hans-Erhardt Lessing:

„Sehr wesentlich für die Konservierung eines jeden Gummimantels ist es nun, dass man denselben in der richtigen Weise behandelt. So soll man sich hüten, ein Rad mit stark aufgepumpten Reifen in der Sonne stehen zu lassen. Auch bei der Aufbewahrung im Hause soll man den Reifen möglichst vor Sonnenlicht schützen.
Der beschmutzte Reifen wird am besten abgewaschen und dann wieder abgetrocknet.
Im Winter bewahre man das Rad in einem kühlen, aber frostfreien Raume auf.
Sehr wesentlich ist es, dass der Reifen nicht mit Öl, Petroleum oder Benzin beim Ölen oder Reinigen der Lager beschmutzt wird, da diese Stoffe den Gummi angreifen.
Bei der Aufbewahrung des Rades im Hause ist es praktisch, dasselbe auf einem Ständer so aufzustellen, oder so aufzuhängen, dass die Pneumatikreifen den Boden nicht berühren.

Vor dem Ausfahren sehe man nach, ob der Reifen genügend stark aufgepumpt ist.
Wie stark derselbe aufgepumpt werden muss, lernt man sehr bald, wenn man ihn zwischen den Fingern drückt, zu beurteilen.CCF17062016

Die Fig. 97 a, b, c zeigt, wie sich der Reifen je nach dem Grade des Aufpumpens verhält. In Fig. 97a sieht man einen vollständig luftleeren Reifen während der Fahrt; durch das fortwährende Puffen und Stossen merkt der Fahrer, dass der Pneumatik keine Luft hat.

Fig. 97b zeigt den Reifen während der Fahrt, wenn er nicht genügend aufgepumpt ist, in Fig. 97c endlich ist ein richtig aufgepumpter Reifen dargestellt. Wie man sieht, wird die Größe der Berührungsfläche zwischen dem Reifen und dem Boden mit dem stärkeren Aufpumpen eine immer geringere.

An der Berührungsstelle mit dem Boden wird sich der Reifen unter der auf ihm ruhenden Last immer etwas abflachen, doch darf dies nur sehr wenig sein.
Bei nicht ganz genügender Füllung mit Luft wird die Abflachung stärker werden. Diese abgeflachte Stelle zieht sich beim Fahren fortwährend um den ganzen Reifen herum und diese Formänderung des Reifens bewirkt ein Walken des Gewebes, welches eine allmähliche Zerstörung des Reifens herbeiführt.
Besonders stark muss der Reifen des Hinterrades aufgepumpt sein, da er durch das Gewicht des Fahrers mehr belastet wird.“

Heute wird kaum noch jemand so viel Aufhebens um seine Reifen machen. Nur der Absatz „Aufpumpen“ ist genauso aktuell wie damals! Und statt des Fingerdrucks empfiehlt sich die Verwendung einer Pumpe mit Manometer, denn den Unterschied zwischen 4 und 5 bar kann selbst der geübte Mechanikus nicht immer feststellen.